Interessante Urteile zu sonstigen Themen
Im Internet gefundene Gerichtsurteile².
Für die bessere Übersicht sind die Urteile sortiert. Zum Verständnis der Anordnung:
- Zuerst werden die beanstandeten Mängel genannt.
- Als zweites wird das urteilende Gericht genannt. AG = Amtsgericht / LG = Landgericht / OLG = Oberlandesgericht / KG = Kammergericht / BGH = Bundesgerichtshof
- Am Ende steht wer das jeweilige Verfahren gewonnen hat. Entweder Händler oder Verbraucher. Da H vor V kommt stehen die vom Händler gewonnenen Verfahren oben.
- Einige Urteile haben eine persönliche Anmerkung. Diese Anmerkung ist nicht rechtsrelevant und spiegelt nur die persönliche Meinung wieder.
IdR stehen hinter jedem Vorgang noch Aktenzeichen, so dass man die genauen Urteile finden kann. Weitere rechtliche Auskünfte sollte Ihnen ein Rechtsanwalt geben (Empfehlung)
Widerspruch per einfacher eMail ist unwirksam
Der Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt unterliegt hohen Formvorschriften.
Es ist grundsätzlich möglich, dass der Widerspruch in elektronischer Form eingereicht wird, allerdings ist dann eine eindeutige elektronische Signatur oder die Versendung einer DE-Mail nötig.
Eine einfache eMail ist nicht ausreichend entschied das Hessische Landessozialgericht.
Landessozialgericht Hessen, Urteil vom 18.10.2023- L 4 SO 180/21
Differenzschaden in "Dieselverfahren" / BGH
Bundesgerichtshof zum Differenzschaden in "Dieselverfahren"Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens wegen unzulässiger Abschalteinrichtung gegeben
Der Bundesgerichtshof hat erneut zum Differenzschaden in "Dieselverfahren" nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 21. März 2023 entschieden.
Die Klägerin erwarb im Oktober 2016 von einem Autohaus einen gebrauchten Mercedes-Benz V 250 Edition lang, der mit einem Motor der Baureihe OM 651 ausgerüstet ist. Die EG-Typgenehmigung wurde für die Schadstoffklasse Euro 6 erteilt. Die Klägerin macht geltend, der Motor in ihrem Fahrzeug sei mit zwei unzulässigen Abschalteinrichtungen versehen, nämlich einem die Abgasrückführung steuernden Thermofenster sowie einer Abschalteinrichtung, die sich aus der Wirkungsweise des SCR-Katalysators ergebe. Die Klägerin verlangt von der Beklagten im Wesentlichen, sie so zu stellen, als habe sie den das Fahrzeug betreffenden Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Berufungsanträge im Wesentlichen weiter. Der III. Zivilsenat hat auf die Revision der Klägerin das Berufungsurteil mit Ausnahme eines auf die Zurückweisung von Zinsansprüchen entfallenden Teils aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Ausstattung mit Thermofenster begründet noch keine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus §§ 826, 31 BGB mit der Begründung verneint, die Ausstattung und das Inverkehrbringen des Fahrzeugs der Klägerin mit einer temperaturbeeinflussten Steuerung der Abgasrückführung (Thermofenster) reiche nicht aus, um von einem sittenwidrigen Verhalten der Beklagten auszugehen. Weitere Abschalteinrichtungen hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, ohne dass die Revision hierzu eine durchgreifende Verfahrensrüge erhoben hat.
Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung weiter aufzuklären
Hinsichtlich einer Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV hat sich der III. Zivilsenat der Rechtsprechung des VIa. Zivilsenats angeschlossen, nach der unter den dort normierten Voraussetzungen dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 versehenen Kraftfahrzeugs ein Anspruch gegen den Fahrzeughersteller auf Ersatz des Differenzschadens zusteht. Danach konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung weiter aufklärt.
Quelle: Kostenlose-Urteile.de
Bewertungsportal. Unbekannter Rezensent - BGH Urteil
BGH: Prüfpflichten eines Hotelbewertungsportals bei Abstreiten eines Gästekontakts durch Bewerteten.
Anmerkung: Dieses Urteil sollte auch bei Bewertungen von Mobile.de, AutoScout24.de, Google etc. anwendbar sein.
Behauptung des fehlenden Gästekontakts muss nicht näher begründet werden
Die Prüfpflichten eines Hotelbewertungsportals werden bereits durch die Behauptung des Bewerteten, der Bewertung liege kein Gästekontakt zugrunde, ausgelöst. Die Behauptung des fehlenden Gästekontakts muss nicht näher begründet werden. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.
In dem zugrunde liegenden Fall musste der Bundesgerichtshof in einem Fall aus dem Jahr 2020 darüber entschieden, ob bereits die Behauptung der Betreiberin eines auf einem Bewertungsportal bewerteten Hotels, die Bewertungen verschiedener Nutzer liege kein Gästekontakt zugrunde, ausreicht, um Prüfpflichten des Hotelbewertungsportals auszulösen.
Behauptung des fehlenden Gästekontakts genügt zum Auslösen von Prüfpflichten
Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Behauptung des Bewerteten, der Bewertung liege kein Gästekontakt zugrunde, grundsätzlich ausreiche, um Prüfpflichten des Bewertungsportals auszulösen. Zur näheren Begründung seiner Behauptung des fehlenden Gästekontakts sei er gegenüber dem Bewertungsportal grundsätzlich nicht verpflichtet.
Schufa löscht alte Schulden sofort nach sechs Monaten
Wer endlich schuldenfrei ist, wünscht sich vermutlich vor allem eines: einen unbelasteten Neuanfang. Bei Auskunfteien bleiben Privatinsolvenzen allerdings noch für drei Jahre gespeichert. Jetzt bewegt sich die Schufa - allerdings nicht ganz freiwillig.
Menschen, die eine Privatinsolvenz hinter sich haben, müssen künftig nicht mehr befürchten, dass diese Information jahrelang bei der Schufa gespeichert bleibt. Unter dem Druck laufender Gerichtsverfahren kündigte die Auskunftei am Dienstag an, die Speicherdauer für die Einträge ab sofort von 36 auf 6 Monate zu verkürzen. Laut Schufa profitieren davon rund 250.000 Betroffene.
Am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hatte sich der zuständige Generalanwalt in zwei Schufa-Fällen aus Deutschland Mitte März sehr kritisch zu der Praxis geäußert: Die Restschuldbefreiung solle es den Betroffenen ermöglichen, sich erneut am Wirtschaftsleben zu beteiligen - durch die lange Speicherung werde das jedoch vereitelt. Das Urteil der EuGH-Richter könnte auch noch anders ausfallen. Oft schließen sie sich aber der Einschätzung des Generalanwalts an. Vor diesem Hintergrund hatte der Bundesgerichtshof (BGH) am Morgen das Verfahren zu einem Musterfall aus Schleswig-Holstein vorläufig ausgesetzt, der im Februar in Karlsruhe verhandelt worden war.
Auslaufmodell. Der Händer muss darauf hinweisen.
Händler dürfen bei der Werbung mit Preisnachlässen für Geräte der Unterhaltungselektronik nicht verschweigen, wenn es sich um ein Auslaufmodell handelt. Dies entschied das Oberlandesgericht Koblenz. Um ein Auslaufmodell handelt es sich nach der Entscheidung, wenn das Gerät in der aktuellen Preisliste des Herstellers nicht mehr geführt wird (Az.: 4 U 767/02).
Der Händler hatte für einen DVD-Player mit dem Hinweis geworben, der Kunde spare 200,00 Euro. Das Werbeprospekt enthielt aber nicht den Hinweis, dass es um ein Auslaufmodell ging. Hierin sah das OLG eine Täuschung der Kunden und eine wettbewerbswidriges Verhalten.
Die Richter drohten dem Händler für den Fall der Wiederholung ein Ordnungsgeld von 250.000,00 Euro an.
DSGVO Verstoß: Kein Schadenersatz ohne Schaden. EuGH Urteil
Europäische Gerichtshof, Urteil vom 04.05.2023, Az. C-300/21
Der bloße Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist noch kein Grund für Schadenersatz. Es muss auch tatsächlich ein Schaden entstanden sein, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH).
Die Richter stellten gleichzeitig klar, dass Schadenersatz auch bei einem sogenannten immateriellen Schaden fällig werden kann. Dafür ist auch nicht nötig, dass der Schaden besonders groß ausfällt, wie zuvor von einigen Gerichten gefordert.
Hintergrund ist ein Fall aus Österreich, wo ein Mann die Post auf immateriellen Schadenersatz verklagt hat. Der Konzern hatte Adressen einer parteipolitischen Präferenz zugeordnet, um ihren Kunden zielgerichtete Werbung zu ermöglichen. Dem Kläger wurde eine hohe Affinität zur rechten FPÖ zugeschrieben. Er empfand diese Zuordnung beschämend und kreditschädigend und verlangte daraufhin 1000 Euro Schadenersatz. Weitergegeben wurden die Daten von der Post nicht.
Der EuGH urteilte nun, dass man nur Schadenersatz verlangen kann, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:- Ein Verstoß gegen die DSGVO
- Einen daraus resultierenden materiellen oder immateriellen Schaden
- Einen kausalen Zusammenhang zwischen beidem.
Bemessung des Schadenersatzes ist Sache der EU-Länder
Die Kriterien für die Berechnung von solchem Schadenersatz müssen die EU-Länder festlegen, so die Richter. Dabei müsse aber sichergestellt werden, dass Betroffene vollständig und wirksam entschädigt würden. Im konkreten Fall muss nun das österreichische Gericht entscheiden.
Arbeitgeber darf nicht vor ehemaligen Mitarbeitern warnen
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.07.2022, Az. 6 Sa 54/22
Ein Arbeitgeber darf die neue Arbeitsstelle einer ehemaligen Mitarbeiterin nicht einfach über deren Fehlverhalten informieren. Das zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz.
Im konkreten Fall ging es um Vorwürfe gegen eine Pflegefachkraft. Nach ihrer Kündigung entschied der Geschäftsführer ihres ehemaligen Arbeitgebers, ihre neue Arbeitsstätte vor ihr zu warnen.
Seinen Aussagen zufolge fehlte die Frau unentschuldigt bei der Arbeit und erschlich sich den neuen Job mit falschen Angaben im Lebenslauf. Wie es in dem Beitrag heißt, argumentierte der Arbeitgeber vor Gericht, der Geschäftsführer habe den neuen Arbeitgeber und dessen Kunden vor seiner Ex-Mitarbeiterin schützen wollen.
Die Pflegefachkraft indes bestritt die Vorwürfe und verlangte eine Unterlassung der diffamierenden Äußerungen gegenüber möglichen neuen Arbeitgebern. Das LAG Rheinland-Pfalz stimmte der Frau zu - wie schon die Vorinstanz.
Mit seinem Anruf habe der ehemalige Arbeitgeber ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Auch wenn seine Vorwürfe der Wahrheit entsprächen, habe er nichts von der Weitergabe der Informationen gehabt. Bei den falschen Aussagen im Lebenslauf habe es sich zudem nicht um Angaben zu Leistungen und Verhalten der Frau gehandelt.
Außerdem habe der Ex-Arbeitgeber die Frau aufgrund ihres Fehlverhaltens nicht abgemahnt. Die Vorwürfe habe der Mann erst nach ihrer Kündigung geäußert. Die Richterinnen und Richter bekamen so den Eindruck, dass der Unternehmer seiner ehemaligen Arbeitnehmerin mit dem Anruf nur habe schaden wollen.
Weitergabe von Infos nicht grundsätzlich verboten
Laut Gericht werden Arbeitgeber nicht grundsätzlich darin gehindert, Informationen über Leistung und das Verhalten ausgeschiedener Beschäftigter weiterzugeben - auch gegen deren Willen. Etwa, wenn es darum geht, andere Arbeitgeber bei der Wahrung ihrer Belange zu unterstützen. Dafür müssen aber immer die Persönlichkeitsrechte gegen die Interessen anderer abgewogen werden.
Quelle: Kostenlose Urteile.de
Fristlose Kündigung wegen Kaffeepause
Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 27.01.2023, Az. 13 Sa 1007/22
Gibt es im Betrieb eine elektronische Zeiterfassung, müssen sich Arbeitnehmer für die Pausen ausstempeln. Das gilt auch für kurze Kaffeepausen. Welche Folgen drohen, wenn sich jemand nicht daran hält?
WerbungArbeitgeber können Mitarbeiter fristlos kündigen, wenn ein Arbeitszeitbetrug vorliegt. Das gilt auch, wenn eine Beschäftigte nur für etwa zehn Minuten Kaffee trinken geht und sich dafür nicht bei der elektronischen Zeiterfassung ausstempelt. Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn die Beschäftigte ihre Tat leugnet und verschleiert. Dann kann sogar ein einmaliges Vergehen ausreichen. Entscheidend ist das Verhalten nach einer solchen Tat.
Eine Raumpflegerin hatte sich zu Beginn ihrer Arbeitszeit bei dem Betrieb eingestempelt. Kurz danach ging sie im gegenüberliegenden Lokal einen Kaffee trinken. Dafür stempelte sie sich bei der elektronischen Zeiterfassung nicht aus. Der Chef beobachtete die Raumpflegerin. Als er sie auf ihr Verhalten ansprach, leugnete die Frau dies zunächst. Erst als der Chef ihr anbot, ihr Beweisfotos auf seinem Handy zu zeigen, räumte die Raumpflegerin ihr Fehlverhalten ein.
Der Arbeitgeber kündigte der Frau fristlos, die mit einem Grad der Behinderung von 100 Prozent schwerbehindert ist. Vorher hatte er dazu die Zustimmung des Inklusionsamts eingeholt. Gegen diese Entscheidung klagte die Raumpflegerin. Sie hielt die Kündigung für unverhältnismäßig. Ihr Argument: Es habe sich um ein einmaliges Vergehen gehandelt.
Das Gericht entschied, dass die Kündigung rechtmäßig war. Bei einem vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr sei ein wichtiger Grund gegeben, der eine fristlose Kündigung rechtfertige. Der Vertrauensbruch sei enorm. Der Arbeitgeber müsse auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können.
EuGH Urteil: Mitarbeiter müssen über die Verjährung von Urlaub informiert werden.
EuGH Urteil zum Arbeitsrecht
Der EuGH mahnte am Donnerstag die Arbeitgeber, dass sie Arbeitnehmer darauf hinweisen müssen, dass der Urlaub verfallen könnte. Andernfalls bleibe der Anspruch auf Urlaub in bestimmten Fällen bestehen, teilten die Richter in Luxemburg mit. (C-120/21; C-518/20; C-727/20)
Hintergrund des Urteils sind drei Fälle aus Deutschland. In einem Fall konnte die Klägerin ihren Urlaub nach eigener Aussage wegen des hohen Arbeitsaufwands nicht nehmen und forderte eine Abgeltung der Urlaubstage. Ihr Arbeitgeber argumentierte, dass die Urlaubsansprüche nach der im Zivilrecht üblichen Frist von drei Jahren verjährt seien.
Das bestätigte der EuGH grundsätzlich: Der Arbeitgeber habe ein berechtigtes Interesse daran, dass er nach drei Jahren nicht mehr mit Forderungen nach Erholungsurlaub oder finanzieller Vergütung für nicht genommenen Urlaub konfrontiert werde. Es gibt den Richtern zufolge allerdings Einschränkungen: Der Arbeitgeber muss selber Vorkehrungen treffen, dass solche späten Anträge nicht vorkommen. Dazu gehören gewisse Hinweis- und Aufforderungspflichten, also etwa der Fingerzeig darauf, dass der Urlaub bald verfallen wird. Der Arbeitnehmer sei die schwächere Partei. Deswegen dürfe die Verantwortung, den Urlaubsanspruch durchzusetzen, nicht allein auf seinen Schultern liegen.
Die Kläger machen geltend, dass sie einen Anspruch auf bezahlten Urlaub für das Jahr haben, in dem sie aus gesundheitlichen Gründen erwerbsgemindert beziehungsweise arbeitsunfähig waren. Zum einen geht es um einen Mitarbeiter, der klagte, weil ihm sein Arbeitgeber für das Jahr 2014 seiner Ansicht nach noch 34 Arbeitstage Urlaub schulde, die er aus gesundheitlichen Gründen nicht nehmen konnte. Der Arbeitgeber argumentiert, der nicht genommene Urlaub sei nach Ablauf des Übertragungszeitraums im Jahr 2016 erloschen.
Im zweiten Fall war eine Mitarbeiterin im Jahr 2017 arbeitsunfähig geworden und hat ihren Urlaub für dieses Jahr nicht vollständig genommen. Der Arbeitgeber hatte sie den Angaben zufolge weder aufgefordert, ihren Urlaub zu nehmen, noch darauf hingewiesen, dass nicht beantragter Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfallen könne.
Dem EuGH zufolge müsse man anerkennen, welche Schwierigkeiten sich für den Arbeitgeber ergäben, wenn Angestellte lange Zeit am Stück fehlten und Urlaubsansprüche ansammelten. Daher sei es grundsätzlich richtig, dass bei Krankheit die Urlaubsansprüche nur 15 Monate übertragen werden können und danach verfielen. Dies gilt demnach aber nicht für die Ansprüche aus dem Zeitraum vor oder nach der Krankheit, in dem der Angestellte tatsächlich gearbeitet hat. Auch hier liegt der Ball beim Arbeitgeber: Er muss seine Mitarbeiter auf den drohenden Verfall des Urlaubs hinweisen. Andernfalls würde der Anspruch auf Urlaub inhaltlich ausgehöhlt.
Datenlöschung für normale Bürger im Internet
Europäische Gerichtshof, Urteil vom 27.10.2022, Az. C-129/21
Bürger müssen persönliche Daten einfach löschen lassen können.
Löschungen müssen Kunden nicht bei jedem Unternehmen einzeln beantragen.Haben Telefonanbieter die Kundendaten an andere Anbieter und Suchmaschinen weitergegeben, müssen sie auch dafür sorgen, dass dort die Einträge gelöscht werden, wenn die Kunden sie darum bitten.Diese müssen die Löschung nicht bei jedem Unternehmen einzeln beantragen, teilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit (Rechtssache C-129/21).
Klage gegen den belgischen Telefonanbieter ProximusHintergrund des Urteils ist eine Klage gegen den belgischen Telefonanbieter Proximus, der unter anderem Telefonauskunftsdienste und Verzeichnisse mit persönlichen Daten wie Namen, Adressen und Telefonnummern anbietet. Diese werden von anderen Anbietern an Proximus übermittelt und Proximus leitet sie auch an andere Anbieter und Suchmaschinen wie Google weiter. Dafür braucht es bislang nur eine einzige Einwilligung der Kunden.
Einwilligung ja oder nein?Ein Kunde klagte nun, weil seine neue Telefonnummer in einem solchen Verzeichnis stand, ohne dass er eingewilligt hatte. Proximus wehrte sich und argumentierte, dass die Einwilligung des Kunden für die Veröffentlichung seiner Daten in Telefonverzeichnissen nicht erforderlich sei. Vielmehr müssten sie nach einem sogenannten Opt-out-Verfahren selber beantragen, nicht aufgeführt zu werden. Solange das nicht geschehe, müssten Daten nicht gelöscht werden.
EuGH: Veröffentlichung von Kontaktdaten in Teilnehmerverzeichnis nur mit EinwilligungDem folgte der EuGH nicht. Bevor die Daten veröffentlicht werden, müssen die Kunden einwilligen. Durch diese Einwilligung könnten dann zwar auch andere Unternehmen die Daten verarbeiten, sofern damit der gleiche Zweck verfolgt wird. Genauso reicht es dann aber aus, nur ein einziges Mal seine Einwilligung zu widerrufen - egal ob gegenüber dem eigenen Anbieter oder einem der anderen Unternehmen, die die Daten verwenden. Die Telefonanbieter sind dann verpflichtet, den Widerruf weiterzuleiten und dafür zu sorgen, dass die Daten gelöscht werden.Nach oben
Amtsgericht Hamburg, Urteil vom 25.10.2022
Wegen des Zeigens des „Z“-Symbols in der Heckscheibe seines Autos hat das Amtsgericht Hamburg einen 62-Jährigen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50 Euro verurteilt.
Das Gericht habe den Autofahrer wegen Billigung von Straftaten schuldig gesprochen, teilte ein Gerichtssprecher mit. Der Angeklagte habe nicht bestritten, ein weißes DIN-A4-Blatt mit einem blauen Z an seinem Auto befestigt zu haben.
AG: Gutheißen des Ukraine-Krieges stellt „Billigung von Straftaten“ dar.
„Darin liegt nach Auffassung des Gerichts über eine Solidarisierung mit Russland hinaus ein Gutheißen des Ukraine-Krieges, bei dem es sich um einen Angriffskrieg im Sinne des Völkerstrafgesetzbuches handelt“, erklärte der Sprecher. Das „Z“ stelle das Symbol der russischen Kriegführung dar. Der Buchstabe steht für die Parole „Za Pobedu“ (Auf den Sieg). Das sei der Allgemeinheit aufgrund der breiten Berichterstattung in den Medien unmittelbar vor dem Tatzeitpunkt Ende März allgegenwärtig gewesen. Das Urteil ist zum 31.10.2022 noch nicht rechtskräftig.
Mietobergrenze setzt Verfügbarkeit von Wohnungen voraus
(Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.03.2023, Az. L 32 AS 1888/17)
Knapper Wohnraum in Ballungsgebieten: Die Übernahme der Miete im Rahmen der Grundsicherung darf höher sein, als Mietspiegel für einfache Wohnlagen vorsehen - so eine aktuelle Gerichtsentscheidung.
Besonders in Ballungsgebieten sind günstige Wohnungen Mangelware. Für Sozialhilfeempfänger ist es darum mitunter schwierig, Wohnraum zu finden, den sie mit der vom Amt vorgesehenen Summe bezahlen können. Ist die Marktlage angespannt, müssen die Behörden das deshalb bei der Berechnung der Grundsicherung berücksichtigen. Das ergibt sich aus einem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Az.: L 32 AS 1888/17).
Vergleich mit Sozialmieten erforderlichDemnach sei es angemessen, dass sich die Behörde bei der Berechnung der Grundsicherung an den Mietpreisen im sozialen Wohnungsbau orientiere. Der Grund: Es gebe zwar schon Objekte, die mit dem üblichen Mietsatz bezahlbar wären. Häufig seien diese aber gar nicht verfügbar.
Jobcenter wollte Miete nicht voll zahlenGeklagt hatte eine Empfängerin von Bürgergeld, vormals „Hartz IV“, für die das Jobcenter laut Mietspiegel für einfache Wohnlagen rund 480 Euro monatlich veranschlagt hatte. Die alleinstehende Frau forderte jedoch die volle Kostenübernahme für Miete und Heizung von rund 640 Euro. Sie führte an, die Suche nach einer günstigeren Wohnung im angespannten Berliner Wohnungsmarkt sei aussichtslos gewesen.
LSG gibt Klägerin RechtDie Klage war erfolgreich. Grundsätzlich könnten Empfänger von Sozialleistungen zwar auf solche Wohnungen verwiesen werden, die lediglich einfache Bedürfnisse für eine sichere Unterkunft befriedigen, so das Gericht. Es müsse aber auch berücksichtigt werden, ob solche Wohnungen für Leistungsberechtigte überhaupt zur Verfügung stehen.
Quelle: Deutsches Anwaltsregisterhttps://www.anwaltsregister.de/
Kein Lohnanspruch bei Verweigerung zur Corona Testung
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 14.09.2022 - 3 Sa 46/22
Arbeitgeber kann Arbeitnehmer von Arbeit freistellen
Verweigert ein ungeimpfter Mitarbeiter eines Sanitätshauses die verpflichtende Corona-Testung, so kann der Arbeitgeber ihn freistellen. Ein Anspruch auf Lohnzahlung besteht dann nicht. Dies hat das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Ein in einem Sanitätshaus in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigter Arbeitnehmer war in der Zeit von September bis Dezember 2021 von der Arbeit unentgeltlich freigestellt . Hintergrund dessen war, dass der ungeimpfte Arbeitnehmer sich weigerte, sich täglich auf das Corona-Virus zu testen. Der Arbeitnehmer war im Außendienst in Krankenhäusern tätig. Ihm oblag die Kundenbetreuung sowie die Lieferung und Anpassung von Hilfsmitteln. Der Arbeitnehmer erhob gegen seine Arbeitgeberin Klage auf Zahlung des Lohns. Das Arbeitsgericht Stralsund wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung des Arbeitnehmers.
Kein Anspruch auf Lohnzahlung
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Dem Arbeitnehmer stehe kein Anspruch auf Einzahlung für die Zeit von September bis Dezember 2021 zu. Die Arbeitgeberin sei gemäß § 297 BGB nicht in Verzug geraten. Der Arbeitnehmer sei wegen der selbstverantwortlich getroffenen Entscheidung, sich nicht testen zu lassen, nicht in der Lage gewesen, seine arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeiten vollumfänglich zu erfüllen. Somit habe kein ordnungsgemäß und ausreichendes Leistungsangebot des Arbeitsnehmers vorgelegen.
Keine Pflicht zur Übertragung einer anderen Tätigkeit
Die Arbeitgeberin sei nach Auffassung des Landesarbeitsgericht nicht verpflichtet gewesen, dem Arbeitnehmer Tätigkeiten zu übertragen, die ohne Durchführung eines Corona-Tests möglich seien. Eine entsprechende Anspruchsgrundlage bestehe nicht.